Gemeinsamer Antrag zum Thema Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete im Brötzinger Tal

Schaffung von Grundlagen für die Überführung der Diskussionen und Entscheidungen über eine Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete im Brötzinger Tal in die Gremien des Pforzheimer Gemeinderats – Planungsrecht und Vorkauf
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die FDP-Fraktion und die Grüne Liste-Fraktion beantragen,

  1. Die unmittelbare Ansetzung einer gemeinsamen Sitzung des Bau- und Liegenschaftsausschusses, des Umlegungsausschusses, des Planungs- und Umweltausschusses sowie des Hauptausschusses sowie im direkten Anschluss daran eine Sitzung des Gemeinderats, mit dem Ziel einer raschen Weichenstellung in zentralen Fragestellungen zur in Rede stehenden Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete am Standort des ehemaligen Logistikzentrums der Firma Bader im Brötzinger Tal.
  2. Inhalt dieser Sitzungen sollen u.a. die nachfolgenden Antragsziffern sowie der Antrag der FDP-Fraktion vom 03.01.2023 sein.
  3. Zweck der Sitzung ist neben einer ersten Grundsatzdiskussion die Herbeiführung einer fristwahrenden Ausübung des Vorkaufsrechts der Stadt Pforzheim, das binnen drei Monaten ausgeübt werden muss, um die städtebaulichen Handlungsoptionen der Stadt Pforzheim sicherzustellen.
    Die FDP-Fraktion und die Grüne Liste-Fraktion beantragen, der Gemeinderat möge beschließen:
  4. Der Antrag der Grüne Liste-Fraktion hinsichtlich der weiteren Planungen zur in Rede stehenden Erstaufnahmeeinrichtung wird durch die nachfolgenden Antragsziffern ersetzt.
  5. Für das Flurstück Nummer 18042/3 wird umgehend eine Änderung des Bebauungsplans vorgenommen.
  6. Für das Flurstück Nummer 18042/3 wird umgehend eine Veränderungssperre gem. § 14 BauGB festgesetzt.
  7. Der Antrag der FDP-Fraktion vom 03.01.2023 zur Ausübung des Vorkaufsrechts des ehemaligen Logistikzentrums der Firma Bader wird umgehend umgesetzt.

Begründung:
Die FDP-Gemeinderatsfraktion und die Grüne Liste-Gemeinderatsfraktion sind der Auffassung, dass eine derart weitreichende Entscheidung, wie die Festlegung, ob eine Erstaufnahmeeinrichtung für rund 12.000 Geflüchtete pro Jahr in der Stadt Pforzheim eingerichtet werden soll, im Gemeinderat diskutiert und soweit als möglich entschieden werden sollte, da nur dort demokratische Mehrheiten für die gesamte Bevölkerung des Stadtgebiets abgebildet werden.
Bislang wurden die Pläne lediglich durch die Vertreter der CDU vorgestellt und begrüßt, namentlich von Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) sowie stellvertretend für alle 11 Stadträtinnen und Stadträte der CDU-Gemeinderatsfraktion von deren Vorsitzender Dr. Marianne Engeser, für die Landespolitik von Staatssekretär Siegfried Lorek (CDU) sowie dem Bundestagsabgeordneten Gunther Krichbaum MdB (CDU).
Die FDP-Fraktion und die Grüne Liste-Fraktion haben mit zwei Anträgen jeweils deutlich gemacht, dass sie eine Auseinandersetzung mit diesem weichenstellenden Thema im Gemeinderat wünschen, einerseits durch einen Antrag über die Ausübung des städtischen Vorkaufsrechts (FDP), andererseits über eine Einflussnahme mittels der bauplanungsrechtlichen Möglichkeiten des Gemeinderats (Grüne Liste). Mittlerweile liegt überdies eine durch Justizministerin Marion Gentges MdL beantwortete parlamentarische
Initiative (Drucksache 17/3870) des Pforzheimer Landtagsabgeordneten Dr. Hans-Ulrich Rülke MdL vor, die sowohl das Vorkaufsrecht, als auch die von der Grüne Liste-Fraktion vorgebrachte Idee über planungsrechtliche Mittel Einfluss zu nehmen beinhaltet. Dieser gemeinsame Antrag führt die Positionen der beiden Fraktionen dahingehend zusammen, dass die gemeinsame Zielsetzung, der Pforzheimer Gemeinderat möge Herr über das Verfahren werden, aus Sicht der Stadträte von FDP und Grüner Liste bestmöglich umgesetzt wird.
Die Geltendmachung des Vorkaufsrechts ist gemäß der Antwort der Justizministerin möglich und sollte umgesetzt werden. Diese schreibt:
„Um ein Vorkaufsrecht nach § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Baugesetzbuch zu begründen, müsste die Stadt den Bebauungsplan ändern und für die in Rede stehenden Flächen eine Nutzung für öffentliche Zwecke geltend machen.“
Dies wird in Antragsziffer 2 abgebildet. Antragsziffer 3 beinhaltet eine Veränderungssperre, die zum Ziel hat, Veränderungen der Immobilie so lange zu unterbinden, bis die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Stadt Pforzheim abgeschlossen wurde und die weitere Entwicklung des Areals ergebnisoffen diskutiert werden kann. So wird weder der Wunsch der CDU ausgeschlossen, das ehemalige Logistikzentrum für die Erstaufnahme von jährlich ca. 12.000 Geflüchteten zu verwenden, noch werden andere Verwendungsmöglichkeiten ausgeschlossen. Eine breite Diskussion im Gemeinderat wird so ermöglicht.
Justizministerin Gentges hat die parlamentarische Initiative von Dr. Rülke MdL überdies auch dahingehend beantwortet, dass es Ziel des Landes sei, Einvernehmen mit den Kommunen zu erreichen, mit denen über Erstaufnahmeeinrichtungen gesprochen werde. Dies sei bislang in jedem Fall erreicht worden. Daraus lässt sich schließen, dass der Gemeinderat nach Ausübung des Vorkaufsrechts noch eine gewisse Zeit hat, sich intensiv mit der Thematik zu befassen und eine Grundsatzentscheidung herbei zu führen, ob er dem Vorschlag der CDU folgen möchte, die Erstaufnahmeeinrichtung zu befürworten oder etwas anderes anstreben will.
Um der aktuellen Eigentümerin der Immobilie – Presseberichten zufolge eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Gründung – sowie dem Land, das beständig auf der Suche nach geeigneten Immobilien für die Unterbringung Geflüchteter ist, eine rasche Rückmeldung geben zu können, sollten umgehend die beteiligten Ausschüsse sowie der Gemeinderat einberufen werden, analog der kurzfristig angesetzten Sondersitzungen zu den Pforzheimer Bädern.
Dies ist auch vor dem Hintergrund notwendig, dass für die Ausübung des Vorkaufsrechts eine Fristwahrung erforderlich ist. Der FDP-Fraktion und der Grüne Liste-Fraktion sind Presseberichte vom Heiligabend 2022 sowie dem 03. Januar 2023 bekannt. Demzufolge sei
das Gebäude verkauft und der Verkauf sei bei der Stadt Ende des Jahres 2022 angezeigt worden, so dass bis Ende März 2023 das Vorkaufsrecht ausgeübt werden müsste. Jedenfalls liegen den beiden Fraktionen keine weiteren Kenntnisse vor, so dass von einer dreimonatigen Frist auszugehen ist. FDP und Grüne Liste gehen davon aus, dass es dem Oberbürgermeister ein Anliegen ist, im Zeichen des guten Miteinanders den Wünschen der beiden Fraktionen Rechnung zu tragen, umgehend die Sitzungen einzuberufen. So ließe sich zudem ein potenzieller Anschein vermeiden, die Verwaltung würde Verzögerungen in Kauf nehmen, die die Ausübung des Vorkaufsrechts gefährden könnten, um den Wunsch der Mandatsträger der CDU aus Stadt, Land und Bund nach der Erstaufnahmeeinrichtung zu befördern.
Gez.
Dr. Hans-Ulrich Rülke MdL, Fraktionsvorsitzender
Axel Baumbusch, Fraktionssprecher
Janis Wiskandt Emre Nazli
Monika Descharmes Petra Bösl
Andrea Pachaly-Szalay


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